Neunter und zehnter Tag - in St. Petersburg (Russland)
Wie am letzten Abend geplant, waren wir um kurz nach sieben Uhr
am Tor. Zum Glück war es nicht das Tor, das für die Besucher des
Einkaufszentrums geöffnet worden war, sondern war wohl immer
verschlossen. Auf Nachfrage bei dem Wachpersonal, das zwischen den
beiden Toren im Häuschen saß, bekamen wir nur gesagt, dass der
Chef etwa um 10 Uhr käme und er das entscheiden müsse.
So gingen wir wieder unverrichteter Dinge. Einen Vorteil hatte aber
das frühe Aufstehen - so wenig Verkehr gibt es nur am frühen
Morgen. Wir nutzten die Gunst der Stunde um ein paar Bilder von der
Umgebung unseres Domizils zu machen..
Da es ja recht früh war und wir erst spät ins Bett gegangen
waren, legten wir uns noch mal eine Runde schlafen und
frühstückten danach ausgiebig. Lena, die in der Pension
arbeitete, war bereit um 10 Uhr mit uns zu kommen und für uns
Dolmetscherdienste wegen unserem Parkplatzproblem zu leisten. Es
nützte aber auch nichts. Der Chef wollte unsere Motorräder nicht
im Hof parken lassen, da wohl vor ein paar Wochen dort ein Motorrad
abhanden gekommen war und er wohl die Verantwortung dafür tragen
musste. Schließlich fanden wir die Lösung; in der anderen Pension
"Sovjetskaya 5", die dem gleichen Besitzer gehört, gab es einen
Hof der abends abgeschlossen wird. Also fuhren wir unsere
Motorräder unter Führung der beiden Hausdamen Irina und Lena, die
an diesem Tage das erste Mal auf einem Motorrad saßen, dorthin.
Wir ließen die Helme gleich da, da wir die Motorräder am
Montagmorgen wieder abholen wollten.
So konnte von dort aus unsere Stadterkundung beginnen. Wir liefen
zum nicht weit entfernenten Moskauer Platz mit dem Moskauer Bahnhof
und dann den Nevskiprospekt entlang zum Nevaufer.
Ein kleiner Hinweis am Rande. Scheinbar herrscht in allen U-Bahnstationen strenges Fotografierverbot. Nachdem Walter ein Foto dort machte, stürzte der wohl hinter einer Säule versteckte Wachmann hervor und wollte sofort 100 Rubel Strafe. Manfred, der von der anderen Seite fotografierte kam ungeschoren davon.
Zur Mittagszeit kehrten wir in einem russischen Schnellrestaurant ein, indem die Speisen an der Theke an der Theke in Schalen standen und von uns so einfach per Fingerzeig auszuwählen waren. So stellten wir uns ein interessantes Menü selbst zusammen. Aber egal was wir alles probierten, es schmeckte prima, obwohl manches abenteuerlich für uns aussah.
An diesem Tag war wohl eine größere Veranstaltung an der Spitze
der Vasilyesky Insel, an der sich die Neva teilt, mit geladenen
Gästen geplant. Ein ernormes Aufgebot an Sicherheitskräften befand
sich im Einsatz. Wir saßen bei einer Art Kiosk mit Außenbestuhlung
und beobachteten die Vorkehrungen für den Event, aber auch die
Spatzen, die sich ohne große Scheu von den Gästen füttern
ließen.
Nach etwa einer halben Stunden wurden auch wir von dort vertrieben
und mußten hinter die in der Zeit errichtete die Absperrung gehen.
Schon vorher war der gesamte Verkehr umgeleitet worden.
Am anderen Ufer liefen wir die Neva entlang und dann durch den Alexandrovsky Garten, an dessen Ende die St.Isaac Kathedrale steht, deren Kuppeln schon von weiten erkennbar sind. Ein von Besuchern recht stark frequentierter Platz. Am Rande sei vielleicht erwähnt, dass das Toilettenhaus, welches dort zufinden ist, absolut unserem Reinlichkeitsempfinden entsprach. Ein ganzes Heer Putzfrauen achtet den ganzen Tag anscheinend darauf, dass kein Tropfen daneben geht - sehr angenehm. "Wildpinkeln" ist ja, wie unser Zwischenfall mit der Polizei hinter Kaliningrad bewies, wohl ein Strafdelikt.
Unser weiterer Weg führte allmählich wieder zur unserer Unterkunft zurück, aber nicht bevor wir an den Andenkenbuden uns näher umschauten. Hier kaufte ich eine Winter-Matruschka als Reisemitbringsel für meine Frau, die eine kleine Sammlung von Matruschkas ihr eigen nennt.
Schließlich waren wir zurück von unserem fast vierstündigen Spaziergang durch St.Petersburg und standen wieder vor dem eisernen Tor unserer Pension. Wir ruhten uns erstmal wieder ein wenig aus, bevor wir zum "Sennaya"-Platz gingen um uns ein nettes Lokal zu suchen. Wir liefen eine Parallelstraße hoch und machten als erstes in der "Jägermeister Klause" Halt, bevor wir in einem kleinen Restaurant nochmal verschiedene Speisen probierten. Da es die "weißen Nächte" in St.Petersburg waren, ging die Sonne nie ganz unter. Abendrot und Morgenröte gingen ineinander über.
Ein kleiner Tipp: Man kann nicht nur tagsüber, sondern auch nachts auf der Neva und dem Kanal Fontanka Schiffsrundfahrten machen. Habe ich aber erst später in einem Fernsehbericht über die "weißen Nächte in St.Petersburg gesehen - Schade. Das hätten wir vorher wissen müssen.
Der zehnte Tag begann ...
mit einem ausgiebigen Frühstück. Nachdem wir am vorherigen Tag
uns einige (man kann damit Tage zubringen) Sehenswürdigkeiten
angesehen hatten, beschlossen wir am heutigen Tage mehr uns den
Leuten und den Lebensgewohnheiten und Lebensumständen zu widmen.
Wo geht das besser als in den Konsumtempeln und Märkten.
Das Angebot in den Supermärkten unterscheidet sich nicht von
unseren. Die selben Marken, Ladenketten, vielleicht alles noch ein
wenig nobler. Jedenfalls hat die westliche Konsumwelt auf ganzer
Linie gesiegt. Auch Geld muß es genügend geben, da die Läden
immer gut frequentiert waren - wovon hiesige Ladeninhaber eher
träumen.
Die Preise für Luxusartikel liegen auf dem selben Preisniveau wie
bei uns. Sicherlich sind die Lebensmittel in den Supermärkten
wesentlich billiger, dafür aber auch Lohn und die Renten. Tatsache
ist, das es schwierig ist mit umgerechnet EUR 60,- Rente zu leben -
wenn nicht ausgeschloßen. Die Zimmer in den "Kommunalkas",
Gemeinschaftswohnungen, sind meist kostenlos. Vielen gehören die
Häuser, die Wohnungen oder die Zimmer in denen sie wohnen. Soviel
ich verstanden habe seit dem Ende des Sozialismus.
Dieses Zusammenlebensform fördert allerdings nicht die dringend
notwendigen Reparaturen in den Wohnungen und dem ganzen
Wohnhaus.
Nach dem Alkoholismus bestimmt das zweitgrößte erkennbare Problem
in Russland.
Wo kaufen aber die Leute, die kein Geld für die teuren
Markenläden haben - auf dem Markt. Direkt hinter unserem Haus
befand er sich und das eiserne Tor, an welches wir in der ersten
Nacht unsere Motorräder gekettet hatten war eines der
Eingangstore, allerdings das unbenutzte.
Auf Grund des riesigen Angebotes beschlossen wir selber Salate zum
Mittagessen zu machen. Märkte sind irgendwie ein Lebensnerv einer
Stadt. Nirgendwo gibt es soviel zu sehen - und zu probieren.
So kauften wir zum Gemüse und den Kräutern noch Käse und ein
halbes Hähnchen sowie zwei zusätzliche Hähnchen- Schenkel. Dass
das unnötig war, stellten wir recht schnell fest, als alles in den
Beutel kam. Es waren mindestens 2 Kilogramm Hähnchen.
Wir aßen also zuerst unser Hähnchen und die Schenkel, packen es
aber nicht ganz. Auch die Portion Sauerkraut war einfach riesig.
Gut, dann also am abend den Rest.
Bevor wir unseren letzten Abend einläuteten, machten wir noch ein kleines Nachmittags- Schläfchen. Dann gingen wir wieder zum "Sennaya-Platz" um den letzten Abend würdig zu feiern. Früh am nächsten Morgen hatten wir das Taxi bestellt, dass uns zu den Motorrädern bringen sollte. So setzten wir uns in einen Biergarten und ließen den Tag ausklingen.
Wer glaubt mit einem Motorrad in St.Petersburg aufzufallen, irrt, denn für die meisten Russen ist das nur ein Spielzeug. Es fahren jede Menge PS-starke Boliden herum, genau so wie supergestylte Chopper der amerikanischen Rasselmarke.
So endete unser letzter Rundgang und wir gingen zurück zur Pension, um unsere Salate anzurichten. Nach dem Essen gab es noch ein paar leckere Bier aus der handlichen 1,5 Liter Flasche.
Schön war es in St.Petersburg. Mit dieser Pension hatten wir einen guten Griff getan. Deshalb danken wir nochmal Irina und Lena für die vielen Tipps und Informationen, die sie uns gaben und empfehlen die "Swiss-Star Pension" gerne weiter.
Kurz gesagt: preiswert - sauber - und Superservice!
So klang auch der letzte Abend gemütlich aus und es hieß wieder einmal: "Ab ins Bett, denn morgen gehts früh los.