Achter Tag - von Porvoo (Finnland) nach St.Petersburg (Russland)
Der nächste Morgen begann mit Sonnenschein und blauem Himmel. Das ideale Reisewetter, nur die Temperatur von 15° war nicht gerade ausgesprochen sommerlich. Nach einem wunderbaren Frühstücksbuffet, packten wir unsere Sachen und beluden die Motorräder. Wir hatten jeder ein paar Kleidungsstücke zusätzlich am Leib, aber es war ausgesprochen schön durch die kühle, frische Luft zufahren. Unser erster Stopp war ein Geldautomat in Porvoo, dann sahen wir im Industriegebiet den Firmenname dder Firma, die unser Kettenspray vertrieb. Wir kauften eine neue Dose und auch noch zwei Dosen Reifenreparaturspray in einem anderen Laden, denn wir wußten ja nicht, was für Straßen uns in Russland erwarten würden.
So ging es weiter auf der Landstraße 170 Richtung
Kotka, durch eine unwahrscheinlich schöne
Landschaft, die von den Gletschern der letzten Eiszeit geprägt
worden ist. Überall riesige Steinblöcke und massenhaft kleine
Steine, die wie Schmiergelpapier alle Felsen und auch sich selber
glattgeschliffen hatten. Immer wieder kamen wir an kleinen Seen
oder an Schären mit Schilfufern vorbei und an mäandernden
Flüßen, die in die Seen mündeten.
Wir begegneten ausgesprochen vielen Motorradfahrern auf der
Strecke. Dieses Hobby scheint in Finnland recht ausgeprägt zu
sein.
Nachdem wir uns die Fahrt durch Kotka erspart hatten, indem wir ein kurzes Stück die Autobahn benutzten, fuhren wir danach wieder von der Autobahn herunter, um weiter die Landstraße zu benutzen. An einer großen Tankstelle mit Supermarkt machten wir Tankpause. Eine nette Frau kam auf uns zu und begrüßte uns in gutem deutsch. Sie wollte wissen, wo wir in Deutschland wohnen und auf welchem Weg wir nach Finnland gefahren waren. Sie sprach mit uns, um ihr deutsch ein bißchen zu trainieren. Überhaupt fanden wir die Finnen gar nicht so wortkarg, wie man ihnen nachsagt. Wir wurden immer sehr höflich behandelt.
Diese Frau gab uns noch den Tipp die "Museumsstraße" zu fahren, die zu den ersten urkundlich erwähnten Straßen in Finnland gehörte. Gesagt, getan. Ein paar Kilometer später mündete die Autobahn auf die Landstraße und mit ihr der ganze Schwerverkehr Richtung russische Grenze. So bogen wir hinter Hamina an dem Hinweisschild auf die Museumsstraße ab und es erwartete uns eine der schönsten Strecken der ganzen Fahrt. In unendlich vielen weiten und engen Kurven wand sich die Straße über sanfte Hügel, vorbei an Wäldern, Seen und Bauernhöfen oder Wochenendhäusern. Es war machte riesigen Spaß bei dem schönen, aber sehr frischen Wetter, durch die Landschaft zu gleiten. Das war die perfekte Entspannung. Es hätte hunderte Kilometer so weitergehen können, leider war die Straße aber nur etwa 30 Kilometer lang und führte von Tallimäki nach Virojoki.
Von der Fahrt auf der Museumsstraße haben wir ein kleinen Film gemacht: Video ansehen
Als wir wieder zurück auf der Landstraße Richtung Russland
waren, dauerte es nicht mehr lange bis zur Genze. Die Grenzprozedur
dauerte wieder etwa eineinhalb Stunden. Diesmal wußten wir aber wie
es funktioniert:
Zollzettelausfüllen, zur Passport- und Visakontrolle gehen,
KFZ-Versicherung hatten wir ja bei der ersten Einreise nach Rußland
erledigt. Dann Einreisegebühr von 120 Rubel bezahlen. Danach zum
Schalter gehen, an dem das Fahrzeug für die Einreise erfasst wird.
Passport und KFZ-Papiere sowie Versicherung hingeben. Jetzt mit dem
gestempelten Pass zur Zollkontrolle gehen und Zollpapiere am
Zollhäuschen abgeben und dann .... warten.
So hatten wir in der Zeit des Wartens ein paar nette Gespräche mit
Finnen, die wohl wöchentlich über die Grenze zum Einkaufen fahren.
Klar, bei EUR 3,- für das Bier - die Wodkapreise kannten wir gar
nicht - lohnt sich das, auch für Zigaretten und zum Tanken.
Ein Spinner reiste mit einer 350er Java (tschechischer Zweitakter)
ein, kam von Norwegen und dem Nordkap und wollte durch ganz
Russland, nach Khasachstan und über die Monolei und China Richtung
ferner Osten fahren. Ich glaube nicht das man von ihm wieder was
hören wird. Wer das Buch "Long way round - der wilde Ritt um die
Welt" von Ewan McGregor und Charley Boorman gelesen hat weiss, dass
spätestens ab Khasachstan nur noch Pisten existieren und in der
Mongolei selbst das nicht mehr. Naja, wir wünschten ihm trotzdem
viel Erfolg - er konnte es brauchen.
Endlich ging es weiter. In den Buden hinter der Grenze kauften
wir erstmal wieder eine große Flasche Wasser und fuhren weiter zum
Tanken. Der Liter Benzin kostete etwa EUR 0,65/Liter. Da macht
Tanken Spaß. Das Kreditkartenschild an der Tankstelle hatte
allerdings nur Reklamecharakter, das Kreditkartenterminal
funktionierte nicht. Nach mehrmaligen probieren zahlten wir in
bar.
Die Landschaft setzte sich so fort wie in Finnland und wir fuhren
auf einer gut ausgebauten Straße Richtung Vyborg.
Es lagen kaum größere Ortschaften auf dem Weg, der wieder durch
sehr viel Wald führte.
Kurz danach mündete die Straße auf die Schnellstraße nach
St.Petersburg. Der Verkehr nahm merklich zu, vor
allem auch der Schwerverkehr.
Es waren jetzt noch etwa 135 Kilometer nach
St.Petersburg zu fahren, als Manfred sein
Nummernschild verlor. Zum Glück hat es Walter, der hinter im fuhr
mitbekommen und aufgehoben; wir hätten sonst ein richtig dickes
Problem bekommen. Schuld war ein Verbandskasten, den Manfred hinter
dem Nummernschild anbringen lassen hatte. Bestimmt eine gute Idee,
aber der Verbandskasten war schwer und die Vibrationen ermüdeten
dadurch schnell die Halterung. Zum Glück hatte Manfred eine Tasche
voll Werkzeug und auch ein paar Kabelbinder dabei. So konnten wir
das Nummernschild wieder notdürftig befestigen.
Es war mittlerweile schon später Nachmittag geworden, so dass wir uns beeilen mußten und Gas gaben, da wir nicht wußten, wie lange man in der Pension auf uns warten würde.
Je näher wir St.Petersburg kamen, desto dichter wurde der Verkehr. Die Straßen waren recht breit ausgebaut und meist gab es beim Überholen auch keine Probleme. Man mußte halt hinter sich schauen, ob nicht ein nachfolgendes Auto schon am Überholen war. Die Fahrsitten sind in Russland sehr rüde. Schließlich bogen wir an einer nicht gut beschilderten Kreiselanlage falsch ab und fuhren in die falsche Richtung. Das kostete auch wieder eine halbe Stunde wertvolle Zeit. Es fiel erst auf, als wir feststellten, dass St.Petersburg wohl am anderen Ende der Bucht liegen müßte.
Endlich war es geschafft. Wir waren da, aber noch lange nicht am
Ziel, da hatten wir noch ein tragisches Erlebnis. Kurz nach dem
Ortschild staute sich der Verkehr, da er auf eine Spur umgeleitet
worden war. Ein Kind lag tot auf der Straße mit seinem Fahrrad,
notdürftig mit einer Plane abgedeckt. Eigentlich kein Wunder bei
dem Fahrstil dort.
St.Petersburg ist eine riesige Großstadt und wir
wußten nur, das unsere Pension sich in der Altstadt am Kanal
Fontanka befand. Zum Glück konnte ich das Wort "Center" in
kyrillisch entziffern. Dem folgten wir einfach kilometerlang durch
die Vorstädte.
Da wir kein russisches Geld mehr hatten, hielten wir zuerst noch
an einem Bank-o-mat, da die Banken um acht Uhr abends schon
geschlossen hatten. Eine wunderbare Erfindung diese Geldautomaten,
wenn ich zurückdenke wie umständlich das Geldtauschen früher
war.
Weiter ging es ins Zentrum. Der Verkehr wurde immer heftiger und
staute sich auf der Brücke über die Neva. Auf der anderen Seite
fuhren wir auf eine Verkehrsinsel und wollten dort nach dem
richtigen Weg fragen.
Schließlich hatte jemand, der etwas englisch sprach, erbamen mit
uns und wies uns den Weg. So kamen wir ein Stück weiter. Jetzt
fragten wir noch einmal die Ordnungshüter, die gerade das Ende des
Newskiprospektes für einen besonderen Event gesperrt hatten, nach
dem Weg.
So fanden wir den Kanal Fontanka. Auf der einen Seite des Kanals
befanden sich alle geraden Hausnummern auf der anderen Seite alle
ungeraden. Prima, also als immer den Kanal entlang, dann auf der
anderen Seite schauen wie hoch die Nummern bereits sind. Ah, reicht
noch nicht. Also wieder zurück und auf die andere Seite, dann
weiter bis zur nächsten Brücke und das gleiche Spiel noch mal.
Endlich hatten wir das Haus gefunden in dem sich die Swiss-Star-Pension befand und
standen vor einer verschlossenen Eisentür. Es gab keine Klingeln,
nur Nummer zum Eingeben und ein Chipprüfer, der beim richtigen Chip
die Tür automatisch öffnet.
Jetzt war es 21.30 Uhr Ortszeit und wir hatten kein
Haustürschlüssel mit Chip. Anrufen funktionierte nicht, da wir ja
kein russisches Handy sondern ein deutsches mit Roamingfunktion
hat. Endlich kam eine Bewohnerin und ich ging mit ihr rein und
klingelte an der Tür zur Pension - nichts. Niemand da. Ich stellte
mir schon vor, wie angenehm die Nacht im Treppenhaus sein würde, da
kam ein weiterer Bewohner. Wir fragten ihn, wie wir jemand von der
Pension erreichen könnten. Er wußte es aber auch nicht. Dann kamen
zwei Pensionsgäste, die uns aber auch nicht weiterhelfen konnten,
wir hätten zwar rein gekonnt, aber wir wußten ja nicht, welches
Zimmer wir hatten. So warteten wir weiter. Schließlich kam der
Bewohner mit seinem Handy und rief eine Nummer an und sagte, dass
die Dame vom Empfang gleich käme, sie war nur Einkaufen gewesen.
Was ein Glück!
Als sie kurze Zeit später kam, konnten wir alle Sachen auf das
Zimmer tragen und erst einmal duschen und uns umziehen. Die
Motorräder mußten wir um die Ecke parken, da es keinen Hof gab, in
den wir sie stellen konnten. Wir schlossen sie an ein Eisentor an,
hinter einem Lieferwagen. Wohl war uns allerdings nicht. Wir
machten danach noch einen Ausflug zum nahen Platz "Sennaya
Ploschad" mit Metrostation und probierten einen russischen Döner-
auch ein völlig neues Geschmackserlebnis. Wir nahmen noch ein paar
russische Bier mit aufs Zimmer und wollten am nächsten Morgen um 7
Uhr aufstehen, da der Eingang, an dem unsere Motorräder
angeschlossen waren, zu dieser Zeit öffnete. Wir dachten daran zu
fragen, ob wir die Motorräder in den abgeschlossenen Hof stellen
könnten. Im Parkhaus hätte jede Stunde pro Motorrad 50 Rubel
gekostet, nicht gerade im Angebot.
Trotz der ungelösten Motorrad Situation fielen uns schon recht bald die Augen zu.
(gefahrene Tageskilometer: 391)