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Vierter Tag - Über Kaliningrad bis Morskoje (kurische Nehrung-Russland)

Stadtkarte von Gdynia

Wieder meinte es das Wetter gut mit uns. Keine Wolke war am Himmel zu sehen und wir verließen nach einem üppigen Frühstücksbuffet das Hotel, packten unsere Sachen zusammen und beluden die Motorräder. Vorher machten wir noch ein paar Bilder von der schönen Lage des Hotels, das etwa 100m von der Ostsee entfernt liegt.
Wenn es am Vortag nicht geregnet hätte, hätten wir recht schnell am Ufer entlang zum Hotel laufen können, es ist bestimmt näher als ein Kilometer.

Eine herrliche Alleenstraße

Der Weg war der derselbe, den wir am Vortag gefahren waren, nur dass wir in Gdansk weiter Richtung Osten fahren mussten. Wir fanden schließlich den richtigen Weg, was nicht ganz einfach war, da in der Innenstadt die Strassen großflächig neu gemacht wurden.
Letzlich waren wir auf der Straße nach Elblag und von dort ging es durch lauschige Alleen über Frombok (Frauenburg) der russischen Grenze entgegen.

Die Grenzformalitäten waren in einer dreiviertel Stunde erledigt. Zuerst Zollerklärung ausfüllen, dann die KFZ-Versicherung für Russland beantragen (nur an der Grenze möglich!), Geld tauschen, Einreisegebühr von 120 Rubel pro Person bezahlen (deshalb noch mal zur Bank) und dann das KFZ-Zolldokument ausstellen lassen, damit das Fahrzeug registriert ist und wieder ausgeführt wird. Dann die Zollkontrolle. Schließlich konnten wir Einreisen.
(NACHTRAG: Achtung! Die Einreiseformalitäten haben sich seit dem 1.1.2009 wesentlich vereinfacht! Außer der Zollerklärung ist nichts weiteres mehr notwendige. Es ist darauf zu achten, dass auf der grünen Versicherungskarte RU nicht ausgeixt ist.)

Die Stecke nach Kaliningrad war nicht gerade stark befahren, auch der Grenzkontrollpunkt war recht klein. Einem großen Austausch zwischen Russischer Föderation und Polen gibt es offensichtlich nicht.

Wir fuhren entlang des frischen Haffs auf einer gut ausgebauten Strasse mit wenig Verkehr. Die Dörfer, durch die wir kamen, schienen wie ausgestorben. Die Landschaft jedoch am Haff war grandios.

Ehemaliges Stadttor von Königsberg

So erreichten wir schließlich Kaliningrad (Königsberg). Kaliningrad war zu Sowjetzeiten eine gesperrte Stadt, die nur mit spezieller Genehmigung besucht werden durfte. Erst Anfang der 80er Jahre gab es in einer Illustrierten einen Artikel mit Bildern aus dieser Stadt - eine Sensation damals. Von der ehemaligen Stadt Königsberg ist kaum etwas übrig geblieben. Sie ist heute eine ganz normale russische Großstadt mit allen ihren Problemen. Die Straßen waren teils recht schlecht, die Straßenbahnschienen eine Herausforderung für jeden Motorradfahrer, der Verkehr mörderisch und Rücksicht ist kaum bekannt; anscheinend ist das der neue, russische Weg zurück zur Großmacht.

Mitten in Kaliningrad

Die Beschilderung erwies sich als äußerst mangelhaft und so durchquerten wir die Großstadt einfach nach der Himmelsrichtung und dem Stand der Sonne; das war allerdings keine sonderlich präzise Methode.
Als wir aus der Stadt herauskamen fanden wir ein nettes Restaurant mit einem angrenzenden Schwimmteich, der stark von Kindern, Jugendlichen und ein paar Erwachsenen genutzt wurde.
Es zogen dunkle Gewitterwolken herauf, also der richtige Zeitpunkt etwas Essen zu gehen und nach dem Weg zu fragen.

Nach dem das schwere Gewitter, das mit Blitz und Donner direkt über uns niederging, weitergezogen war, machten wir uns wieder auf den Weg.
Das Essen in dem Restaurant war recht gut und zum erstenmal benutzen wir Manfreds Speisekarte mit Bildern verschiedener Tierarten, Beilagen wie Nudeln, Reis und Kartofellprodukten, sowie Gemüsen und Salaten. Wir mußten nur noch auf das deuten, was wir zu essen wünschten. Eine Superidee für alle Länder, in denen man mit englisch oder deutsch nicht weiterkommt.

Der richtige Weg führte zurück nach Kaliningrad, dann irgendwo rechts ... ok. Als erstes kamen wir vor einer Bahnschranke zum Stehen. Als Motorradfahrer besteht in so einem Fall immer die Möglichkeit, die ganze Schlange der Autos und Laster zu überholen und sich vor den wartetenden Autos einzufädeln.
In Russland fahren auch Autos auf der linken Spur vor die Schranke. Wenn jetzt die Schranke öffnet, können die entgegenkommenden Fahrzeuge nicht losfahren, sondern müssen warten, bis die Autos auf der linken Spur sich rechts eingeordnet haben - sehr gewöhnungsbedürftig!
Gut, wir bogen an einer eine Straße rechts ab, wo mehrere andere Fahrzeuge das Gleiche taten und nach erneuter Nachfrage erfuhren wir, dass wir irgendwann später wieder links abbiegen müßten.
Eine Schlange auf einer von links einmündenten Straße ließ die Vermutung zu, dass hier der richtige Punkt zum Linksabbiegen sein müßte und richtig - kurze Zeit später sahen wir die ersten Richtungsschilder, nach dem wir eine Brücke überquerten, an der parallel noch die alten, wahrscheinlich im Krieg gesprengten Brückenteile zusehen waren.
Um auf die kurische Nehrung zu kommen, mußten wir den Weg nach Selenogradsk (ehem. Cranz) finden.


Eine kleine Episode zur russischen Polizei sei hier am Rande erwähnt:
Nach dem wir durch einen kleine Ort fuhren, an dem eine Polizeistreife gerade Geschwindigkeitskontrollen mit Laserpistole durchführte, hielten wir hinter dem Ort, da ich eine kleine Pinkelpause einlegen wollte. Also sozusagen "Wildpinkeln" in die freie Natur. Ich war gerade dabei dein Reißverschluß zu öffnen, da überkam mich ein komisches Gefühl und ich blickte noch mal hinter mich. Da stand bereits das Polizeiauto hinter uns und einer der Polizisten sprach mich an. Ich verstand ihn aber nicht. Sie versuchten wohl jetzt uns irgend etwas anderes anzuhängen, da das Verbrechen des "Wildpinkelns" noch nicht strafrechtlich vollzogen gewesen war.
Unsere Verständigung war problematisch, wir verstanden nicht was sie wollten und nach einer Viertelstunde hin und her, meinten Sie lakonisch "Tourist" und ließen uns fahren. Manchmal ist es eben gut nicht alles zu verstehen. Ihr bester Spruch war, nach dem Sie auf unsere Nummernschilder gedeutet hatten, "Euro gut". Was immer auch das heißen mag; ein Schelm wer Böses denkt.


So kamen wir ohne weitere Zwischenfälle in Selenogradsk an und orientierten uns Richtung Lesnoje, dem ersten größeren Ort auf der kurischen Nehrung. Nach ein paar Kilometern hinter dem Ort mussten wir vor einer geschlossenen Schranke halten.
Jetzt hieß es erst einmal Eintritt zahlen. Immerhin wollten sie pro Person 350 Rubel, etwa EUR 10,-.
Euros werden allerdings nicht akzeptiert oder umgewechselt, Kreditkartenzahlung ist nicht möglich, also "kehrt Marsch" und ein Hotel mit Wechselmöglichkeit oder einen Bank-o-mat finden, damit wir unseren zur Neige gegangenen Rubelbestand auffrischen konnten.
Leider stellten wir im ersten Hotel fest, dass Euros noch nicht sonderlich hoch im Kurs standen. Die Frage nach einem Bank-o-mat verlief ebenfalls recht negativ.
So fuhren wir zurück zu einem Haus, vor dem ein Bus mit deutschem Kennzeichen parkte. Die Leute konnten uns aber auch nicht weiterhelfen.
Schließlich kamen zwei Motorräder mit russischem Kennzeichen. Mit Händen und Füßen erklärten wir unser Anliegen und sie gaben uns ein Zeichen ihnen zu folgen.
Nach wenigen hundert Metern und einigen Gassen links und rechts, zeigten sie auf eine Bank mit Bank-o-mat. Prima, das Abheben funktionierte einwandfrei und unser kleines Problem war gelöst.

Ein schönes Gefühl auch hier die Hilfsbereitschaft von Motorradfahrern untereinander bestätigt zu sehen.

Ansicht auf den Hotelstrand

So fuhren wir zurück zur Schranke, zahlten den Eintritt und bekamen dafür ein kleines Heft, das wir vielleicht näher hätten anschauen sollen - Information für Touristen- (zu Hause fand ich dort die Adressen aller Hotels und Pensionen mit Anschrift auf der russischen Seite der Nehrung).
So ging es nach Lesnoi (ehem. Sarckau) und weiter nach Rybatschi (ehem. Rossitten), einem Ort wo ein Hotel sein mußte, da es auf mehreren Hinweisschildern Werbung für sich machte.
Es war auch einfach zu finden und machte einen guten Eindruck. Auf dem Parkplatz standen lauter hochkarätige Automarken, zu meist in Form von PS-starken Geländewagen.
Leider gab es dort kein Zimmer für uns, ob keines frei war oder nicht, war nicht herauszufinden.
Schade, war wohl mehr ein Hotel für neureiche Russen.

Neue Tankstellen gibt es überall viele!

Wir fuhren in den Ort hinein um nach einer weiteren Übernachtungsmöglichkeit zu suchen - nichts. Manfred probierte es im "Magazin" und zwei nette Damen erklärten uns, in bestem deutsch, dass es kein weiteres Hotel in diesem Ort gäbe und wir weiter nach Morskoje (ehem. Pillkoppen) fahren müßten, denn dort gäbe es zwei Hotels.
Gesagt, getan. Wir fuhren dorthin, nach dem wir erst einmal an einer Tankstelle die Tanks der Motorräder wieder aufgefüllt hatten.

Das Restaurant- und Rezeptionsgebäude

Wir bogen in einen eher besseren Feldweg nach Morskoje ein und fuhren ein, zwei Kilometer über eine Schlaglochpiste mit tiefen Pfützen bis die ersten Häuser erschienen. Hotel "Dosug" 100 m verhieß uns ein Schild, leider war nach 100 Metern von dem Hotel nichts zu sehen; kein Schild und kein Gebäude das so aussah. Erst als wir im letzten Winkel des Ortes ankamen, der mit vielen neugebauten, videoüberwachten Villen übersät war, winkte uns jemand freundlich herbei.
Wir stiegen ab und fragten nach einer Unterkunft. Das war das Hotel Dosug. Es bestand aus einer Ferienhausanlage. Der gute Mann sprach ein wenig englisch und für unsere Übernachtung war wieder einmal gesorgt. Wir bekamen zwei Zimmer in einem der Häuser, die einfach eingerichtet waren. Ordentlich, bequem, mit sauberem Bad und einer Dusche mit Warmwasser - das war doch alles was man sich wünscht nach so einem Tag.

Dieser nette Mann gab uns noch den Tipp, dass abends im Restaurant eine Feier mit Disco und Tanz sei und dass wir gerne kommen sollten. Was wir nicht wußten, dass die Party von einer Schicht der russischen Grenzabfertigungskräften war. Wir wurden nett und freundlich aufgenommen und mußten nartürlich kräftig die Gläser heben. Es wurde getanzt und gesungen - eine wirklich tolle Stimmung. Als ich mich mit einer Dame der Grenztruppen, die perfekt englisch sprach, über unseren Grenzübertritt, der ja fast eine Stunde dauerte und voll von, meiner Meinung nach, überflüssigen Formalitäten war, unterhielt, fragte sie nur, ob ich wüßte, wie schwer es für Russen sei überhaupt ein Visum für Deutschland zu bekommen, dass man ein halbes Jahr darauf warte und welche Grenzhürden dann an der deutschen Grenze zu überwinden wären. Es war mir nicht bewußt. Schwachsinn findet wohl immer auf beiden Seiten statt.

Wir lernten, nach dem die Grenzabfertigungskräfte das Restaurant verließen und mit dem Bus nach Hause gebracht wurden, die Chefin der Ferienhaussiedlung kennen. Eine nette, warmherzige Frau mit, wie wir später erfuhren, vier Kindern, die sehr gut deutsch sprach. Zwei Ihrer Kinder arbeiteten auch in diesem Betrieb mit. Der Mann, der uns am Anfang nett zuwinkte, war ihr Teilhaber.
Wir diskutierten bis in die Nacht noch über Gott und Welt und stellten fest, das es schön ist, jetzt die Möglichkeit zu haben uns gegenseitig zu besuchen und kennen zu lernen.

Mit einiger Bettschwere fielen wir spät in der Nacht in die Federn.

(gefahrene Tageskilometer: 298)

weiter am fünften Tag

Unser genauer Tourenverlauf

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verlief durch die Slowakei, quer durch die ukrainischen Waldkarpaten und durch die Maramures in Rumänien. Bericht lesen >>

Unsere Tour 2008

führte über Ungarn und Rumänien ans Schwarze Meer. Am Meer entlang über Bulgarien nach Istanbul. Mit der Fähre auf die Krim und zurück über Odessa, Moldawien und die ukrainischen Karpaten. Bericht lesen >>

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